Investieren | 29.04.2021
Aktiv oder passiv? Entscheidend ist professionelles Management
Bringt die aktive Wertpapierauswahl oder die passive Nachbildung von Indizes die besseren Resultate für den Anleger? Die Diskussion, ob das Anlegen in aktive Investmentfonds oder passive Indexfonds und ETFs das bessere Vorgehen bei Altersvorsorge und Investment darstellt, ist episch, geht aber häufig am Kern des Problems vorbei.
Eine Antwort, die für Privatanleger Nutzen bringt, muss drei Aspekte unterscheiden: die zur Verfügung stehenden Anlageinstrumente, in diesem Zusammenhang vor allem Investmentfonds, das spezifische Anlegerverhalten, sowie das Management eines Portfolios, das sich aus verschiedenen Anlageinstrumenten zusammensetzt. Eine eingehende Analyse und Diskussion zeigt: Wesentlich wichtiger als die Frage „aktiv oder passiv?“ ist für den Anleger das professionelle Management des eigenen Investmentportfolios.
Aktive und passive Investmentfonds
Die Unterscheidung zwischen einer aktiven und passiven Anlagestrategie wird zumeist an den Unterschieden zwischen aktiv gemanagten Investmentfonds und passiven Indexfonds bzw. ETFs illustriert. Mit der aktiven Variante wird häufig „den Markt schlagen“, „Erzielen von Überrenditen“, „hohe Kosten“, „alte Welt“ verbunden, mit einer passiven Anlagestrategie dagegen „einen Markt oder Vergleichsindex abbilden“, „ETFs“, „Indexfonds“, „niedrige Kosten“, „neuer Trend“.
Aktive Investmentfonds haben das Ziel, durch Anlageentscheidungen ein möglichst gutes Ergebnis für den Investor zu erzielen. Zur Messung des Anlageerfolgs wird eine sogenannte Benchmark herangezogen, Ziel des Fondsmanagers ist, nachhaltig eine höhere Rendite als die Benchmark zu erwirtschaften. Nehmen wir als Beispiel einen aktiven Fonds, der in Staatsanleihen von Schwellenländern investiert. Die typische Benchmark in diesem der Fall ist der Emerging Markets Government Bond Index. Dieser setzt sich aus Staatsanleihen von mehr als einem Dutzend Schwellenländer zusammen, z. B. Brasilien, China, Thailand, Südafrika. Die Gewichtung der Länder basiert (vereinfacht) auf dem Volumen der gehandelten Staatsanleihen. Um eine höhere Rendite als der Index zu erwirtschaften, stellt ein aktives Fondsmanagement gerade bei Anleihen die Risikobewertung in den Vordergrund. Es analysiert insbesondere die länderspezifischen Risiken, also die Staatsverschuldung, rechtliche und politische Risiken, Währungsrisiken, usw. Kommt es aufgrund der länderspezifischen Risiken, z.B. aktueller politischer Entwicklungen, zu der Auffassung, dass die Verzinsung im Sinne einer Risikoprämie zu niedrig ist, wird es die Staatsanleihen des betreffenden Landes gegenüber dem Index unter- oder im gegenteiligen Fall übergewichten. Entsprechendes gilt für das aktive Management von Fonds, die in Aktien investieren.
Aktives Fondsmanagement kann auf verschiedene Weise Mehrwert liefern. Wenn Märkte wie in der Corona-Krise massiv nachgeben und zahlreiche Geschäftsmodelle in Frage gestellt werden, können aktive Manager bewerten, welche Unternehmen daraus als Gewinner oder Leidtragende hervorgehen werden. Das Portfolio kann dann frühzeitig neu ausgerichtet werden. Gerade die heutige Zeit ist geprägt von strukturellen Umbrüchen, z. B. durch die Digitalisierung. Hier kommt es bei der Einzeltitelauswahl auf die langfristige Stabilität von Cashflows, das Vermeiden von Insolvenzrisiken und die Anpassungsfähigkeit an neue Realitäten an. Risikomindernd kann sich auch die taktische Allokation der Anlageklassen auswirken. Ein fallender Markttrend erfasst häufig zahlreiche risikoreiche Anlageklassen und nicht nur einzelne Segmente. Das frühzeitige Erkennen und die taktische Positionierung sind dann entscheidend.
Passive Indexfonds bilden die Zusammensetzung des zugrunde liegenden Index dagegen möglichst genau ab. Steigt zum Beispiel der S&P 500 Index in den USA um 1 %, so steigt auch ein entsprechender Indexfonds um etwa 1 %. Wenn sich die Zusammensetzung des Index ändert, wird die Änderung durch das Management des passiven Fonds automatisch nachvollzogen. Solche Anpassungen ergeben sich laufend, da sich die Gewichte der einzelnen Wertpapiere in einem Index ständig ändern - z. B. aufgrund von Kursveränderungen, wenn ein Wert komplett durch einen anderen ersetzt wird, oder wenn sich Änderungen in der Indexberechnung ergeben. Beispiel: Nach dem Wirecard-Skandal hat die Deutsche Börse die Regeln für den DAX geändert und zum September 2021 die Anzahl der enthaltenen Unternehmen von 30 auf 40 erhöht. Ein Indexfonds auf den DAX wird demzufolge zum Stichtag Aktien von 10 weiteren Unternehmen kaufen.
Ein Indexfonds in Form eines Exchange Traded Fund (ETF) ist für den Anleger wie eine einzelne Aktie handelbar. Daneben existieren Indexfonds, die nicht an der Börse gehandelt werden, sondern direkt beim Fondsanbieter einmal täglich zum Nettoinventarwert gekauft oder verkauft werden können.
Die Diskussion über Unterschiede, Vor- und Nachteile ist spannend, wichtig und im Detail mitunter durchaus anspruchsvoll. Es wird aber deutlich, dass zumindest rein passiv gemanagte Investmentfonds in der Realität schwer vorstellbar sind. Ihre Zusammensetzung beruht auf der Zusammensetzung eines zugrundeliegenden Index, und damit auf Entscheidungen des jeweiligen Indexanbieters, nach welchen Prinzipien und Regeln Indices konstruiert, verändert und berechnet werden. Und schließlich lenkt das Thema von der aus Sicht des Privatanlegers maßgeblichen Fragen ab: Wie soll der Anleger sein Investmentportfolio aus einzelnen Anlagen, ob aktiv oder passiv, zusammenstellen und im Zeitverlauf anpassen?
Aktives und passives Anlegerverhalten
Blicken wir also zunächst auf die andere Seite des Marktes, auf die Seite der Nachfrage, und damit auf den einzelnen Anleger, der sich für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, Investmentfonds oder anderen Finanzprodukten entscheidet. Aktives Anlegerverhalten bedeutet, dass der Anleger jederzeit und bewusst Entscheidungen trifft, sein Portfolio durch eine Transaktion anzupassen bzw. zu verändern – oder unverändert zu lassen. So kann die Lektüre eines Zeitungsartikels oder der wöchentliche Review seines Wertpapierdepots einen Privatanleger zum Kauf einer bestimmten Aktie oder Verkauf eines bestimmten Fonds motivieren. Privatanleger entscheiden dabei häufig allein und aus dem Bauch heraus. Die Entscheidungen werden diskretionär getroffen, d.h. nach eigenem Ermessen des Anlegers.
Demgegenüber ist passives Anlegerverhalten regelbasiert. Das Portfolio wird nur dann angepasst, wenn es vorab festgelegte Regeln verlangen. Ein Privatanleger legt zum Beispiel für sein Portfolio eine Aktienquote von 50 % und eine Überprüfung einmal im Quartal fest. Wenn der Marktwert der Aktien und damit die Aktienquote im Portfolio steigt, verkauft er so viele Aktien, bis die Quote wieder bei 50 % liegt. Das nennt man Rebalancing. Welche Wertpapiere im Einzelnen erworben bzw. verkauft werden sollen, ist dann wiederum die zweite Frage, die sich stellt. Eine prominente andere Möglichkeit ist die klassische buy-and-hold-Strategie: Wertpapiere gezielt auswählen, kaufen und über möglichst lange Zeiträume halten – nach dem Motto „Aktien verkauft man nicht, sondern man vererbt sie“.
Schon diese einfache Betrachtung zeigt, dass auch aus Sicht des Anlegers rein passive Strategien schwer vorstellbar sind. Selbst eine buy-and-hold Strategie setzt zumindest bei der Wahl des Investments eine aktive Entscheidung des Anlegers für das eine und gegen ein anderes Wertpapier voraus. Zudem stellt sich dem Anleger nicht nur die Frage nach dem Investment in ein Wertpapier oder einen Fonds. Eine passive Strategie, die sich ausschließlich auf deutsche Standardwerte oder den Dax konzentriert, kann wohl kaum die richtige Antwort sein. Auch der MSCI World mit einem Anteil von über 60 % US-Aktien ist im Kern eine Wette auf den US-Markt und im Sinne einer diversifizierten Anlage allenfalls bei einem niedrigen US-Aktienanteil im Portfolio oder Kleinbeträgen vertretbar. Und auf welchem Niveau sollte die Aktienquote überhaupt liegen? Ein bedachter Privatanleger sollte das gesamte Portfolio der eigenen Anlagen im Blick behalten und dieses Portfolio erfolgreich managen – besonders wenn es um die eigene Altersvorsorge geht.
Aktives und passives Portfoliomanagement
Aktives Portfoliomanagement bedeutet, dass ein Portfoliomanagement laufend Entscheidungen über die Zusammensetzung des Investmentportfolios trifft. Bei professionellen Investoren basiert jede Entscheidung auf einem definierten Analyseprozess. Die Entscheidung sind vielschichtig und betreffen mehrere Ebenen: Assetklasse (z. B. Aktien, Anleihen, Immobilien, Cash), Regionen (z. B. USA, Europa, Asien, Schwellenländer) und Marktsegmente (z. B. Blue Chips, mittlere und kleine Unternehmen), Branchen (z. B. Technologie, Pharma, Software). Die Entscheidung umfasst auch die Auswahl des jeweiligen Fonds. Letztlich wird das Portfolio ständig überwacht und auch das Unterlassen einer Portfolioanpassung beruht auf einer Analyse und bewussten Entscheidung.
Beim passiven Portfoliomanagement erfolgt die Zusammensetzung und Anpassung des Investmentportfolios im Zeitverlauf auf Basis von im Vorfeld definierter Regeln. Institutionelle Investoren legen auf Basis von computergestützten Simulationen eine optimierte Zusammensetzung des Portfolios fest, die sog. Strategische Asset Allokation. Die strategische Allokation wird in einem nächsten Schritt in die Asset Allokation umgesetzt, welche die Auswahl der konkreten Anlageinstrumente umfasst. Typischerweise wird in regelmäßigen Abständen das Portfolio bei Bedarf an diese idealisierte Zusammensetzung angepasst und in festen Abständen das Idealportfolio überprüft.
Aktiv oder passiv ist nicht die Frage
Fazit: Im Sinne des erfolgreichen Managements des Gesamtportfolios ist ein rein passiver Ansatz schwer vorstellbar. Nicht „aktiv“ oder „passiv“, sondern „diskretionär“ oder „regelbasiert“ sind die richtigen Umschreibungen für die grundlegenden Unterschiede im Investmentverhalten. In der Praxis ist entscheidend, wie gut die Umsetzung funktioniert. Erfolgsfaktor bei den aktiven Ansätzen ist das Investmentteam und der Investmentprozess, bei den passiven Ansätzen die Qualität der zu befolgenden Regeln und die Disziplin in der Umsetzung.
Zweitens, die Anforderungen an ein erfolgreiches Portfoliomanagement übersteigen zumeist die zeitlichen und fachlichen Möglichkeiten von Privatanlegern. Sie greifen bei der Portfoliozusammenstellung notgedrungen auf einfache Ansätze oder Daumenregeln zurück, zum Beispiel Aktienquote (in %) = 100 – Lebensalter. Der einfachste passive Ansatz ist, alle Marktentwicklungen zu ignorieren und weder Aktienquote noch die Auswahl der Wertpapiere oder Fonds regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Also vorzugehen, wie es André Kostolany bewusst vereinfachend schon vor Jahrzehnten empfahl: Aktien kaufen, Schlaftabletten nehmen und als reich gewordener Anleger wieder aufwachen.
Daumenregeln oder alte Börsenweisheiten erscheinen vor dem Hintergrund des seit Jahren zunehmend dynamischen und komplexen Kapitalmarktumfelds allerdings nur sehr bedingt als erfolgversprechend. Für den renditestarken und gleichzeitig sicheren Kapitalaufbau braucht es ein professionelles Portfoliomanagement, das stärker diskretionär oder stärker regelbasiert ausgelegt sein kann.
Aktive oder passive Anlagestrategie? Allvest-Kunden haben die Wahl
Allvest kombiniert die Sicherheit des renditestarken Sicherungsvermögens der Allianz mit der Anlage in Investmentfonds. Für die Anlage in Investmentfonds stehen mit der passiven und der aktiven Anlagestrategie zwei kostengünstige Alternativen zur Wahl. Diese beiden Strategien entsprechen in ihrer Konstruktion und Management den Vorgaben für ein professionelles Portfoliomanagement, wie sie oben definiert worden sind.
Aktive oder passive Anlagestrategie – welche Kriterien könnten bei der Wahl eine Rolle spielen?
Gesamtbetrachtung des eigenen Anlageportfolios Erster Ansatzpunkt ist der Blick auf die gesamten Wertpapieranlagen des Kunden. Beide Anlagestrategien von Allvest sind breit diversifiziert und eignen sich somit sehr gut für die Altersvorsorge mit ausgeprägtem Investmentfokus. Hat der Anleger bei seinen bestehenden Anlagen schwerpunktmäßig über ETFs bzw. Indexfonds investiert, ist die aktive Strategie eine sinnvolle Ergänzung des Gesamtportfolios. Hierdurch werden taktisch speziellere Anlagesegmente wie mittelgroße und kleine Unternehmen, Wachstums- und Technologiewerte beigemischt. Besteht hingegen das Wertpapierdepot vorrangig aus Einzelaktien und aktiven Fonds mit Fokus auf für den Anleger beliebte Marktsegmente, so stellt wiederum die passive Anlagestrategie eine gute Ergänzung dar.
Persönliche Überzeugung Zweiter Ansatzpunkt ist die persönliche Überzeugung. Hält man aktive Strategien mit situativ bedingten Eingriffen durch das Management für sicherer, oder möchte man mit einer passiven regelbasierten Strategie zum Beispiel die Kosten in jedem Fall minimieren? Es gibt hier kein Richtig oder Falsch. Im Zweifel kann man auch zwei oder mehr Verträge abschließen - einmal mit aktiver und einmal mit passiver Anlagestrategie.
Erwartete Entwicklung des Kapitalmarkts Auch wenn es an harten Analysen fehlt, wird aktiven Ansätzen nachgesagt, dass sie gerade in unruhigen Börsenzeiten besser als passive Ansätze abschneiden, während in eher stetigen Marktphasen passive Ansätze Performancevorteile aufweisen sollten. Entsprechend könnten Anleger die Wahl der Anlagestrategie an die eigene Marktmeinung über die weitere Entwicklung des Kapitalmarkts anpassen. Hier zahlt sich die Flexibilität von Allvest besonders aus. Mit Allvest haben Anleger die Wahlmöglichkeit zwischen einer aktiven und einer passiven Anlagestrategie – und können die gewählte Option jederzeit kostenfrei wechseln.