Investieren | 12.05.2021
Ein gutes ETF-Portfolio ist niemals statisch
Dr. Andreas Ott verantwortet die Investment Strategy der Allianz Investment Management SE. Zudem managt er die passive Anlagestrategie Allvest Passive Invest. Für ihn steht fest: auch passive Anlagestrategien benötigen eine aktive Steuerung.
Herr Ott, lassen Sie uns über die passive Anlagestrategie von Allvest sprechen. Welches Ziel verfolgen Sie dabei?
Wir wollen für die Kunden von Allvest eine möglichst attraktive Rendite erwirtschaften und setzen daher verstärkt auf chancenorientierte Anlageklassen. Zusätzlich können sicherheitsorientierte Anlagen beigemischt werden. Das Mischungsverhältnis wird ständig überprüft und kann sich je nach Marktlage verändern. Abgebildet wird die Anlagestrategie im Wesentlichen durch kosteneffiziente, passive Anlageinstrumente wie ETFs und Indexfonds. Wir versuchen also, die Rendite eines Marktes möglichst genau abzubilden.
Worauf achten Sie bei der Auswahl von ETFs und Indexfonds?
Alle in Frage kommenden ETF und Indexfonds durchlaufen bei uns einen qualitativen und quantitativen Prüfungsprozess. Dabei schauen wir unter anderem darauf, wie genau ein Fonds in der Lage ist, einen Index exakt abzubilden. Entscheidende Kriterien sind dafür Kennzahlen wie Tracking Error und Tracking Difference. Daneben spielt es für uns auch eine Rolle, mit welcher Methode der Fonds den Markt repliziert. Je nach Markt kann es einen Unterschied machen, ob der ETF oder Indexfonds die physische oder die synthetische Replikation anwendet. Physische Replikation bedeutet den tatsächlichen Kauf der im Index enthaltenen Einzelwerte, synthetische Replikation die Nachbildung des Index durch geeignete Instrumente. In jedem Fall schauen wir uns laufend die Ausrichtung, Strukturierung und mögliche Risiken eines Fonds sehr genau an. Und natürlich nehmen wir die Kosten genau unter die Lupe. Dabei geht es auch um die Handelskosten. Privatanleger übersehen hier häufig, dass diese sich negativ auf die Rendite auswirken können. Und wir sprechen da je nach ETF nicht nur über einen oder zwei Basispunkte.
„Wir bieten unseren Kunden nicht einfach verschiedene ETFs oder Indexfonds, sondern eine systematische und ganzheitliche Strategie, deren Einhaltung wir regelmäßig überprüfen und sicherstellen.“
- Dr. Andreas Ott
- Leiter Investment Strategy der Allianz Investment Management SE
Das klingt einigermaßen komplex.
Die Prüfung ist sicherlich keine Raketenwissenschaft, verlangt jedoch einiges an Know-how, Marktkenntnissen und Zeitaufwand. In jedem Fall hält die Prüfung einige Fallstricke bereit, in denen sich Privatanleger mit einem eigenen ETF-Portfolio leicht verheddern können.
Passive Investmentprodukte gelten als einfach und transparent. Könnten sich Anleger daher nicht einfach selbst ein Portfolio zusammenstellen?
Grundsätzlich ja. Es fragt sich jedoch, ob das sinnvoll und zielführend ist. Denn auch passives Investieren erfordert eine aktive Auswahl und eine aktive Steuerung. Das fängt schon mit der strategischen Asset Allokation an. Sie ist besonders wichtig, da sie das Portfolio auf die Ziele, den Zeithorizont und die Risikobereitschaft der Anleger ausrichtet. Nach den Erkenntnissen der Finanzwissenschaft trägt die strategische Asset Allokation wesentlich zum Erfolg der Kapitalanlage bei. Damit einher geht die Gewichtung der einzelnen Anlageklassen und ETFs und Indexfonds. Aufgrund der enormen Vielfalt an ETFs gestaltet sich die Auswahl somit nicht leicht. Welcher Privatanleger hat schon die Zeit und Muße, sich durch die verschiedenen Kauf- und Verkaufsempfehlungen zu quälen? Einfach nur zwei oder drei ETFs miteinander zu kombinieren ist jedenfalls keine Lösung, denn Fehlentscheidungen können den vermeintlichen Kostenvorteil sowie das Renditepotenzial schnell aufheben. Auch Verluste können nicht ausgeschlossen werden. Nur wer ausreichend Zeit und Energie investieren kann, sollte sein Depot selbst verwalten.
Sie haben es schon angedeutet: mit der einmaligen Auswahl von ETFs ist es vermutlich nicht getan, oder?
Das stimmt. Die Entscheidung, welche ETFs mit welcher Gewichtung im Portfolio miteinander kombiniert werden sollen, ist nur der erste Schritt. Durch unterschiedliche Wertentwicklungen der einzelnen Fonds wird sich die Risiko-/Rendite-Struktur des Portfolios verändern. Anleger laufen Gefahr, möglicherweise mehr Risiko als gewollt zu nehmen. Nur wenn das Portfolio regelmäßig überprüft und einzelne ETFs und Indexfonds gegebenenfalls umgeschichtet werden, kann die ursprünglich strategische Asset Allokation beibehalten werden. Die Überprüfung, ob die strategische Aufteilung des Portfoliovermögens noch in Einklang mit der Entwicklung an den Märkten steht, erfordert neben Zeitaufwand eine regelmäßige Befassung mit den Märkten sowie ein gewisses Maß an Erfahrung. Wichtig ist vor allem eine Erkenntnis: Ein gutes ETF-Portfolio ist niemals statisch.
Und wo sehen Sie vor diesem Hintergrund den Mehrwert, den Allvest bietet?
Wir bieten unseren Kunden nicht einfach verschiedene ETFs oder Indexfonds, sondern eine systematische und ganzheitliche Strategie, deren Einhaltung wir regelmäßig überprüfen und durch mögliche Anpassungen im Portfolio sicherstellen. Das möchte ich noch einmal unterstreichen: Wir betrachten und steuern die Anlage des Kunden, die in unserem Fall aus dem renditestarke Sicherungsvermögen der Allianz in Kombination mit der passiven Anlagestrategie besteht, ganzheitlich und integriert. Wir betreiben also regelmäßige Risikosteuerung in einem passiven Portfolio und sorgen dafür, dass der Anleger seine strategischen Ziele auch bei sich verändernden Märkten erreichen kann.
Könnten die notwendigen Entscheidungen denn nicht von einem sogenannten Robo-Advisor übernommen werden?
Mittlerweile finden sich zahlreiche Robo-Advisor-Modelle am Markt. Diese unterscheiden sich jedoch signifikant von unserem Ansatz. Denn die Kapitalanlage und Risikosteuerung der meisten Robo-Advisor fokussiert sich weniger auf einen bestimmten Termin, bei Allvest ist das der Garantietermin, sondern sehr häufig auf die Risikokennzahl Value-at-Risk, die wiederum vom persönlichen Risiko-Rendite-Profil des Anlegers beeinflusst ist. Bei Überschreiten der gesetzten Werte werden automatisch Umschichtungen ausgelöst. Das kann dazu führen, dass zum Beispiel bei fallenden Märkten chancenorientierte Anlagen verkauft werden. Der Wiedereinstieg erfolgt dann zu Kursen, die über dem Verkaufspreis liegen. Das kostet Rendite.
Allvest Kunden erwarten nicht nur sichere Garantien, sondern auch eine möglichst attraktive Rendite. Was bedeutet das für den Zusammenhang von Risikosteuerung und Kapitalanlage bei Allvest?
Im Rahmen der Produktentwicklung hat die Allianz auf diesen Zusammenhang besonders geachtet. Wir setzen auf einen dynamischen Wertsicherungsmechanismus. Der sorgt dafür, dass die gewählte Garantie sichergestellt und gleichzeitig ein möglichst großer Teil der Einzahlungen in der chancenorientierten Anlagestrategie investiert ist. Wenn nötig, wird rebalanced, also die Aufteilung angepasst.
Kurz gesagt: Der Wertsicherungsmechanismus sichert die Garantie. Das hält uns beim Management der passiven Strategie sozusagen den Rücken frei. Wir können durchgehend in chancenorientierten Anlagen investiert bleiben und unnötige Umschichtungen vermeiden, zum Vorteil unserer Kunden.
Ein zweiter wichtiger Aspekt: Die eigentliche Steuerung der Vermögensinhalte im Sicherungsvermögen und in der Anlagestrategie Allvest Passive Invest erfolgt nicht ausschließlich automatisiert, sondern durch Menschen auf der Basis von Erfahrungswerten und gestützt durch moderne Portfoliotechnologie. Dabei können wir auf das globale Netzwerk der über 500 Investmentexperten der Allianz Gruppe zurückgreifen.
Für welche Art von Anleger ist die passive Anlagestrategie besonders geeignet?
ETFs und Indexfonds eignen sich für Anleger, die einfach und transparent eine breite Streuung ihres Vermögens über mehrere Anlageklassen und Märkte anstreben. Diese Fonds lassen sich hervorragend für die Diversifikation einsetzen. Natürlich spielt auch die Kosteneffizienz eine Rolle. Diese ist bei der passiven Strategie besonders ausgeprägt. Die Kosten für Portfoliosteuerung und die Drittkosten für das Management der einzelnen Fonds betragen insgesamt nur 0,17 %. Die Kunden erhalten also ein global diversifiziertes, passives Portfolio plus dessen Management zu einem Preis, der sonst in etwa für einen einzelnen Standard-ETF gezahlt wird. Und einen weiteren Vorteil hat Allvest in jedem Fall: Man kann jederzeit kostenfrei von der passiven in die aktive Anlagestrategie wechseln. Dies gilt natürlich auch andersherum. Zusätzlich kommt jeder Kunde in den Genuss unseres leistungsstarken Sicherungsvermögens.
Herr Dr. Ott, vielen Dank für das Gespräch.
Weiterführende Informationen:
zu den Anlagestrategien der Allvest
zur Funktionsweise des Wertsicherungsmechanismus